1 Einleitung Universität des Saarlandes
Fachrichtung 5.6
Informationswissenschaft
 
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Dozenten:
Prof. Dr. H. Zimmermann
Dr. H.-D. Luckhardt

Forschungsseminar: "Mit allen Mitteln - Webdesign am Beispiel einer dichterischen Werkschau"

WS 98/99
 
 

Natalie Leclercq

Die Umsetzung von Gedichten in Hypertext am Beispiel des Projekts "SIEBENSCHMERZEN"

Seminararbeit


Inhaltsverzeichnis

1            Einleitung

1.1              Der Gedichtszyklus "Siebenschmerzen"

1.2              Inhalt der Gedichte

1.3              Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Gedichten in sprachlicher und stilistischer Hinsicht

1.4              Motivik

2            Poesie und Hypertext

2.1              Eigenschaften von Hypertext

2.2              Die Funktion des HTML-Formats

2.2.1           Notwendige Funktionen

2.2.2           Zusätzliche Funktionen

2.2.3           Veränderung des Werks durch elektronische Aufbereitung

3            Grundsätzliche Überlegungen zum Webdesign von SIEBENSCHMERZEN

3.1              Was ist guter WWW-Stil?

3.2               Form und Inhalt

3.3               Schlußfolgerungen

4             Die Realisierung des Projekts SIEBENSCHMERZEN

4.1               Technische Voraussetzungen und Standards

4.1.1            Hardware

4.1.2            Software

4.1.3            Konsequenzen für das Projekt SIEBENSCHMERZEN

4.2                Struktur der Seite

4.3                Technische Schwierigkeiten

4.4                Auswahl der Bilder

5              Zusamenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis *
 

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen eines Forschungsseminars, das sich mit dem Gesamtwerk des saarländischen Schriftstellers Alfred Gulden befaßte. Diese Veranstaltung hatte zwei verschiedene Ziele: Einerseits sollte eine Möglichkeit gefunden werden, das Werk Alfred Guldens in einer Datenbank zu erfassen, die über das world wide web (kurz:WWW) erreichbar sein soll; andererseits sollten exemplarisch einzelne Werke elektronisch erfaßt und mit den technischen Mitteln, die Computer und auch das Internet bereitstellen, aufbereitet werden. Deswegen nannte sich das Seminar "Mit allen Mitteln" : Die vielfältigen Mittel (oder Werkzeuge), die sich durch die digitale Aufbereitung quasi anbieten, sollten eingesetzt werden, um eine Werkschau zu schaffen, die dem Nutzer Dinge bietet, die die traditionellen Printmedien nicht zur Verfügung stellen können.

Diese Arbeit bezieht sich auf die zweitgenannte Vorgabe des Seminars: Exemplarisch soll hier der Gedichtszyklus "Siebenschmerzen" von Alfred Gulden bearbeitet werden. Es handelt sich dabei um zehn kurze Gedichte, die in fünf verschiedenen Sprachen vorliegen. Verfaßt wurden die Gedichte in deutscher Sprache, und es liegen Übersetzungen in die französische, italienische, polnische und litauische Sprache vor. Dazu kommen Privatfotos, die Gulden bei diversen Gelegenheiten aufgenommen hat, z.B. Fotos in einer Kirche, in der eine Lesung von "Siebenschmerzen" stattfand, oder auch Fotos von bayerischen Landschaften.

Das Projekt "Siebenschmerzen" beinhaltet in erster Linie die Aufbereitung der Gedichte und einiger Fotos als Webseite, d.h. als im WWW veröffentlichtes Dokument, das in HTML verfaßt ist. Durch die Veröffentlichung im WWW entstehen Nutzungsmöglichkeiten, die die Vorteile der elektronischen Aufbereitung (z.B. leichtes Kopieren, Speichern, Verändern, Weitersenden) mit den Vorteilen der weltweiten Kommunikation (z.B. Zugriff auf das Dokument jederzeit und von jedem Internet-Anschluß, Interaktivität durch e-mails an den Autor) verbinden.

1.1 Der Gedichtszyklus "Siebenschmerzen"

Das Werk "Siebenschmerzen" von Alfred Gulden umfaßt zehn kurze Gedichte. Sie sind mit römischen Zahlen numeriert und tragen insofern keine Titel. Allerdings ist es sinnvoll, die Gedichte im Zusammenhang zu sehen: Man kann sie auch so lesen, als handelte es sich um Strophen eines Gedichts, das sich aus zehn Teilen/Strophen zusammensetzt. Der Einfachheit halber werden die einzeln numerierten Teile hier als jeweils einzelne Gedichte gesehen. Dadurch können sie inhaltlich besser voneinander getrennt werden, was ja bei der Webseitenerstellung auch zur Benutzung verschiedener Illustrationen führt.

1.2 Inhalt der Gedichte

Im folgenden sollen zuerst die Gemeinsamkeiten der zehn Gedichte gezeigt und danach exemplarisch der Inhalt des ersten Gedichts dargestellt werden. Die formalen und sprachlichen Besonderheiten lassen sich – teilweise in abgeänderter Form – auch in den anderen Gedichten wiederfinden.

1.3 Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Gedichten in sprachlicher
und stilistischer Hinsicht

Die meisten Gedichte bestehen aus sieben Zeilen, nur das zweite, sechste und siebte sind etwas länger mit 8 Zeilen. Die Länge der Zeilen variiert. Die kürzesten Zeilen sind vier Silben lang, und die längste hat neun Silben. Daß sie in ihrem Umfang fast gleich sind, verbindet die einzelnen Gedichte formal miteinander.

Außerdem ist das jeweils erste Wort überall gleich: "SCHMERZ". Es wird gefolgt von einem Doppelpunkt, nach dem dieser Begriff noch in der ersten Zeile mit dem lyrischen Ich in Beziehung gesetzt wird. Dies geschieht in jedem Gedicht auf ähnliche Weise: Im ersten Gedicht wird gesagt "IHN SEH ICH", in den anderen Gedichten stehen an gleicher Stelle ähnliche Verben (v.a. Verben der Wahrnehmung wie fühlen, schmecken, hören) oder andere transitive Verben. Die syntaktische Struktur der ersten Zeile ist also in jedem Gedicht gleich, variiert werden nur die Verben und die Interpunktion, d.h. in einigen Gedichten endet die erste Zeile mit einem Punkt, in anderen ist dies nicht der Fall.

Auch in der allgemeinen Satzstruktur ähneln sich die Gedichte. Wenn man einen Satz als die Ansammlung von Wörtern begreift, die von einem Punkt begrenzt wird, dann bestehen die meisten Sätze hier aus einem oder zwei Wörtern. Allerdings handelt es sich dabei nicht um grammatisch wohlgeformte Sätze (mit Subjekt – Verb- evtl. Objekt), sondern um Teile von Sätzen; je nachdem, wie das Gedicht (vor-)gelesen wird, entstehen beim Lesen ganze Sätze. Ein Beispiel dafür findet sich in Gedicht II:

[...] SIE KOMMEN. (Z.3)

WIEDER. NEHMEN SIE. MIT. (Z.4)

Natürlich ist es möglich, die Interpunktion sozusagen "mitzulesen". Setzt der Leser in seiner Vorstellung aber die Punkte so, wie er es will, so wird aus Bruchstücken gegebenenfalls ein Satz, der sich über mehr als eine Zeile erstreckt - damit ergibt sich ein Enjambement zwischen den Zeilen 3 und 4 - und bei dem die Verben dasselbe Subjekt haben: "SIE".

Mit diesem Beispiel wird deutlich, daß gerade die Interpunktion, die ja im alltäglichen schriftlichen Sprachgebrauch für grammatische und damit auch semantische Klarheit sorgt, in diesen Gedichten auf ganz andere Weise genutzt wird. Durch das Zerlegen der Sätze in ihre Einzelteile muß bzw. darf der Leser selbst entscheiden, was zusammengehört. Hinzu kommt die Tatsache, daß alle Wörter in Großbuchstaben geschrieben sind, was u.a. die Bestimmung von Satzanfängen erschwert.

Kompliziert wird diese Herausforderung an den Leser noch dadurch, daß nicht jedes Bruchstück grammatisch in einen möglichen Satz eingebunden werden kann, sondern syntaktisch gesehen allein steht, etwa als Einschub oder Anhängsel. Ein gutes Beispiel für einen Einschub ist der folgende Abschnitt aus Gedicht 7:

"UND AUS DER TIEFE RUFEN. (Z. 4)

O HAUT VOLL BLUT UND WUNDEN. (Z. 5)

DA FRESSEN IHN DIE RABEN." (Z. 6)

Diese Einschübe sind Zitate aus der Bibel und aus alten deutschen Kinderliedern.

1.4 Motivik

Was das durchgehende Motiv der Gedichte angeht, so wird dieses bei jedem Gedichtanfang explizit genannt: "SCHMERZ". Im folgenden soll eine Inhaltsangabe des ersten Gedichts versucht werden. Exemplarisch für die anderen Gedichte wird dieses Gedicht kurz analysiert. Außerdem werden die verchiedenen Arten von Schmerz aufgeführt, die z.T. explizit, z. T. aber auch andeutungsweise in den Gedichten vorkommen.

Gedicht I handelt von einer Frau, die ihren toten Sohn auf der Straße liegen sieht. Eigentlich wird nicht die Frau direkt genannt, sondern ein Teil von ihr: "DAS GESICHT DER FRAU."(Z. 2). Es geht hier offensichtlich um das Bild von einer leidenden Frau, da am Ende des Gedichts erwähnt wird, daß es sich um ein Foto mit darunterliegendem Text handelt, und außerdem beginnt das Gedicht mit der Aussage des lyrischen Ichs, daß es den Schmerz sieht. In diesem Gedicht wird also der visuelle Aspekt des Todes und des Schmerzes angesprochen. Die Wirkung des Bildes ist das eigentliche Thema des Gedichts. Dabei ist die Wirkung auf den Betrachter unausgesprochen: Es wird schließlich nur gesagt, daß dieser den Schmerz sieht, nicht aber, daß er ihn (mit-)fühlt.

Auffallend ist die Ähnlichkeit der Thematik mit der Thematik der Mater Dolorosa, mit der Gottesmutter, die ihren toten Sohn beklagt. Das Bild der Mater Dolorosa war schon immer ein sehr dominantes in der christlichen Kultur. Das Motiv taucht z.B. in Goethes Faust auf. In der katholischen Kirche waren gerade die letzten zwei Jahrzehnte geprägt durch die Marienverehrung des Papstes. In vielen Kirchen, ganz besonders in Bayern, sieht man hölzerne Marienskulpturen, durch die eine von sieben Schwertern durchbohrte Mutter Gottes dargestellt wird. Der Titel "Siebenschmerzen", den Gulden für diesen Gedichtszyklus gewählt hat, wird wohl von diesem Bild herrühren.

Der letzte Satz des Gedichts deutet darauf hin, daß es sich bei diesem Bild um ein Pressefoto handelt. Der Leser wird wohl in den meisten Fällen damit ein Foto aus einem aktuellen Krieg assoziieren. Da das Wort "Krieg" aber an keiner Stelle im Gedicht verzeichnet ist, steht es dem Leser frei, welche Assoziationen, welche Bilder und Bedeutungen er mit dem Gelesenen verbindet.

Diese Technik, Dinge oder Sachverhalte anzusprechen, sie aber nicht explizit zu nennen, ist typisch für Lyrik, im Gegensatz zu anderen Literaturgattungen. Die Poesie nennt die Dinge nicht beim Namen, sondern sie spricht zum Leser, so daß diesem ein gewisser Freiraum für eigene Gedanken, Gefühle, Bilder usw. zur Verfügung steht. Dieser Freiraum wird automatisch eingeschränkt, wenn dem Gedicht ein Bild zur Seite gestellt wird. Denn dann wird dem Leser ein visueller Aspekt gezeigt, den er sich nicht selbst ausgedacht hat. Aus diesem Grunde wird bei der HTML-Bearbeitung der Gedichte dem Leser die Wahl gelassen, ob er das jeweilige Gedicht in reiner Textform liest, oder ob er es in "illustrierter" Form, d.h. mit einem Bild als Hintergrund bzw. an der Seite, präsentiert bekommt.

2 Poesie und Hypertext

2.1 Eigenschaften von Hypertext

Im Vergleich zu den Printmedien, in denen Gedichte bislang traditionell ihren Platz fanden, also Buch, Zeitschrift, (seltener) Zeitung, bietet eine Webseite dem Leser zusätzlich zum Lesen noch andere Möglichkeiten: Die Seite kann als Datei auf dem Rechner des Nutzers gespeichert werden, man kann sie ausdrucken, sie kann jederzeit und von jedem Internet-Anschluß der Welt aufgerufen werden, von dieser Seite aus kann man zu Adressen im WWW verwiesen werden, die ein ähnliches Thema zum Inhalt haben, und außerdem ist es oft möglich, dem Ersteller oder Verwalter der besuchten Webseite einen elektronischen Brief zu schicken (den der Adressat jederzeit und überall, wo er einen Internet-Anschluß hat, lesen und bearbeiten kann). Die direkte Kontaktaufnahme via e-mail ist unkomplizierter als das traditionelle Briefeschreiben und meistens auch billiger.

2.2 Die Funktion des HTML-Formats

Das HTML-Format jeder Webseite ist ein spezielles Dateiformat, das den Austausch von Informationen unter dem Hypertext Transfer Protocol erlaubt (kurz: http). Dieses Datenübertragungsprotokoll ermöglicht erst die im vorigen Kapitel aufgezählten Eigenschaften von Hypertext. Die Existenz dieser http-spezifischen Funktionen wirft beim Erstellen einer Webseite mit dem Inhalt SIEBENSCHMERZEN mehrere Fragen auf:

2.2.1 Notwendige Funktionen

Nach KUHLEN (KUHLEN, Rainer: Hypertext. In : Buder, Rehfeld, Seeger: Grundlagen der Information und Dokumentation, 4. Auflage1997, )

ist die Innovation ein allgemeines Prinzip neuer Medien: Das Bestehende wird nicht nachgeahmt, sondern erneuert, ergänzt, erweitert. Für das Projekt SIEBENSCHMERZEN sollten zumindest einige Möglichkeiten des WWW genutzt werden, u.a. auch aus dem Grunde, daß der WWW-Nutzer manche Funktionen erwartet, weil sie auf praktisch jeder Webseite zu finden sind. Was von der Allgemeinheit als (Mindest-) Standard empfunden wird, sollte auch in diesem Fall vorhanden sein.

Einer der grundlegenden Vorteile des WWW ist das einfache Navigieren zwischen verschiedenen Seiten. KUHLEN sieht Hypertext als "Geflecht von miteinander verknüpften heterogenen Objekten". Hypertext als nicht-lineares Medium ermögliche kreatives Informationsverhalten, da i.a. angenommen werde, das menschliche Wissen sei im Gehirn auch nicht in linearen bzw. hierarchischen Strukturen organisiert.

Was in jedem Ratgeber zum Thema Webdesign zu lesen ist, ist die Forderung nach einsichtiger Strukturierung der Webseite. WILSON (WILSON, Stephen: WWW Design Guide, Verlag Markt und Technik, 1995, S. 341) gibt dazu folgende Ratschläge:

"Veranschaulichen Sie die logische Struktur ihrer Site [...]. Überlegen Sie, welche Unterabschnitte Sie innerhalb der einzelnen Kategorien anbieten wollen. Verdeutlichen sie die Querverbindungen zwischen den Kategorien. Entscheiden Sie, welche Verbindungen Sie fördern, unterstützen oder nicht unterstützen wollen. Legen Sie diese Analyse dem Layout ihrer Seite zugrunde." Abgesehen von diesen grundsätzlichen Überlegungen, gibt es HTML-Funktionen, die auf jeder Webseite votrhanden sein sollten, unabhängig von Inhalt und Aufgabe (informieren, unterhalten, werben etc.): 2.2.2 Zusätzliche Funktionen

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, eine HTML-Seite optisch interessant zu gestalten bzw. innerhalb dieser Datei Informationen so darzustellen, daß der Leser den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen kann. Im folgenden sollen einige dieser Möglichkeiten beschrieben werden.

Da ist z.B. die Möglichkeit, jede Textdatei mit einem farbigen Hintergrund zu hinterlegen. Dieser Hintergrund kann aus einer Farbe, aber auch aus Mustern, Fotos, Grafiken etc. bestehen. Außerdem ist es möglich, jede Art von Bildern in eine Seite einzubringen. Dabei sind Bildgröße und Anordnung innerhalb der Seite (link-, rechtsbündig etc.) frei wählbar.

Text kann in verschiedenen Schriftsätzen , sogenannten "fonts", dargestellt werden; Größe und Farbe lassen sich variieren. Text kann auch "blinken": Das schnelle Ein- und Ausblenden einzelner Wörter führt dazu, daß diesen mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Zum Anklicken der Links müssen nicht unbedingt Wörter verwendet werden, sondern man kann Logos, Bilder oder auch selbst entworfene Buttons für die Verweise benutzen. Eine elegante Lösung der Frage, wie man Links grafisch darstellen kann, sind Imagemaps: Diese sind ausklickbare Grafiken, die mehrere Links enthalten (z.B. eine Karte von Frankreich, bei der man einzelne Städtenamen anklicken kann).

Die Kommunikation erleichtern sollen mailtos, d.h. e-mail-Adressen, die durch Anklicken sofort ein Fenster mit einem e-mail-Programm starten, so daß der Nutzer von der Webseite aus an deren Ersteller schreiben kann; dazu dienen aber auch Formulare, die elektronisch ausgefüllt und von der besuchten Webseite aus abgeschickt werden.

Der Anzeigebereich des Bildschirms läßt sich aufteilen in Rahmen (=Frames), deren Inhalt wiederum aus einzelnen HTML-Dateien besteht. Diese Frames können statisch oder dynamisch sein (im letzteren Fall steht eine Scroll-Leiste zur Verfügung; d.h. man kann in dem Text/ der Grafik heruntergehen und die Teile sehen, die aufgrund manghelnder Rahmen- oder Bildschirmgröße sonst verborgen blieben). Nach Ansicht von MUENZ ( MUENZ, Stefan: SelfHTML, in:

http://www. netzwelt.com/selfhtml/tcia.htm)

entstehen durch Frames "völlig neue Möglichkeiten, um Informationen hypertextuell (d.h. nicht-linear) aufzubereiten."

Eine andere HTML-Erweiterung ist das sogenannte "Scripten" von Webseiten. Dabei werden in einer Programmiersprache Aufgaben definiert, die bestimmte Textpassagen oder Grafiken erfüllen sollen. Durch die Programmiersprache JavaScript, deren Befehle sich in HTML-Dateien einbetten lassen und vom Hypertext Transfer Protocol "verstanden" werden, lassen sich z.B. Textzeilen einbauen, die wie auf dem Nachrichtenticker (oder wie bei gewissen Fernsehsender, z.B. n-tv) am unteren Bildschirmrand vorbeiziehen. Eine besonders beliebte Funktion von JavaScript ist das Erscheinen einer zusätzlichen Textzeile, wenn der Leser mit der "Maus" auf ein gewisses Symbol zeigt oder auch nur flüchtig darüber bewegt. Bei JavaScript-Erweiterungen handelt es sich meistens um einfach programmierbare Aufgaben, die eine Webseite lebendiger erscheinen lassen.

Viele Veröffentlichungen Guldens in Buchform sind vergriffen. Über geplante Neuauflagen ist bewertet das Scripten folgendermaßen: "You use scripts to make your Web page dynamic, interactive, and, on the whole, a lot more exciting than an ordinary Web page."

Die multimedialen Aspekte dürfen nicht vernachlässigt werden. Es kann durchaus sinvoll sein, Klänge und bewegte Bilder in eine Webseite einzubauen. Für das Abspielen von Sound und Video muß der Nutzer aber die dementsprechenden Programme, die diese speziellen Daten verarbeiten und gut wiedergeben können, auf seinem Rechner installiert haben. Bewegte Bilder in Form von Animatioen werden gern in der Internet-Werbung eingesetzt: Sogenannte "banner" lenken durch ihre Bewegtheit die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich und erfüllen damit ihren Werbezweck (darüber hinaus stellen sie durch Angeklicktwerden eine Verbindung zum werbenden Sender her). Aber auch auf den Webseiten von Künstlern oder Kunst-Organisationen wird von visuellen Möglichkeiten viel Gebrauch gemacht. Besonders sinnvoll kann der Einsatz von Videos im Bereich der Dokumentation aktuellen Geschehens sein: Der Belgrader Sender "B92" verbreitete über das WWW Videos von Raketeneinschlägen in der Stadt, aber auch Interviews mit Belgradern auf der Straße. Bewegte Bilder können somit völlig unterschiedlichen Zwecken dienen: Sie können einerseits das Virtuelle, Künstliche und auch Künstzlerische an einer Webseite herausstreichen, sie können andererseits auch den Eindruck von Authentizität erwecken.

2.2.3 Veränderung des Werks durch elektronische Aufbereitung

Grundsätzlich müssen nicht alle Möglichkeiten genutzt werden. Wer Informationen anbietet, ohne daraus monetären Nutzen ziehen zu wollen, wird seine homepage anders einrichten als etwa eine Firma, die für ihre Produkte wirbt. Beim Projekt SIEBENSCHMERZEN geht es darum, den Zugang zu diesen Gedichten zu erleichtern (Einige Werke Guldens, wie etwa der Roman "Die Leidinger Hochzeit", sind vergriffen. Dieser Roman wurde ebenfalls im Rahmen des Seminars "Mit allen Mitteln" als Hypertext gestaltet.) Natürlich hat das Projekt noch andere Ziele, die mindestens so wichtig sind wie der erleichterte Zugriff auf Guldens Werk. Es geht auch darum, diese Gedichte elektronisch aufzubereiten: Sie sollen so lesbar sein wie im Printmedium, aber es dürfen zusätzliche Mittel der elektronischen Aufbereitung angewendet werden, damit die Präsentation der Gedichte dem Medium Hypertext auch gerecht wird. Dies bedeutet aber nicht, daß alle technischen Neuerungen ausgeschöpft werden müssen, sondern es soll bewußt ausgewählt werden, welche der Möglichkeiten, die das WWW bietet, in diesem Zusammenhang sinnvoll sind.

3 Grundsätzliche Überlegungen zum Webdesign von SIEBENSCHMERZEN

3.1 Was ist guter WWW-Stil?

In den meisten Lehrbüchern bzw. Ratgebern zum Thema WWW/HTML/Webdesign werden Fragen des Stils abgehandelt, und es fehlt nicht an Hinweisen auf die Notwendigkeit eines guten Stils. Die näheren Ausführungen dazu beginnen in vielen Fällen mit der Frage, welche Aufgabe die zu erstellende Webseite zu erfüllen hat. Danach soll sich die Art und Weise ihrer Erstellung ausrichten. Die gängige Meinung ist, daß die Art der Aufbereitung des Inhalts nicht pauschal festgelegt werden kann. GALLENBACHER fordert sogar:

"Lassen Sie sich dabei (gemeint ist: beim Planen einer Webseite) nicht von ihrem Wissen über das WWW leiten! Die Inhalte sind systemunabhängig! (Hervorhebung durch den Autor)Durchdenken Sie an dieser Stelle noch keine Probleme der Ausführung. Oft sorgen solche Gedanken dafür, daß Informationen einfach weggelassen werden, weil man Schwierigkeiten bei der Präsentation befürchtet." Form und Struktur der Präsentation von Inhalten im WWW sollten sich also nach Art des Inhalts richten. Dennoch lassen sich einige allgemeine Anforderungen nennen, die jede Webseite mehr oder weniger vollständig erfüllen sollte. Dazu gehören das Verdeutlichen der Informationsstruktur, das Sichtbarmachen der Navigationsmöglichkeiten und andere Dinge, die dem User die Orientierung erleichtern. Gerade durch HTML-Erweiterungen wie Frames und JavaScript können diese Anforderungen leichter erfüllt werden.

Eine Webseite sollte in jeder Hinsicht konsistent sein: Symbole , d.h. visuelle Zeichen, und Bezeichnungen (=sprachliche Zeichen) sollten durchgängig benutzt werden, jede Seite sollte zumindest ähnliche Struktur haben, Hyperlinks sollten immer auf die gleiche Weise als solche erkennbar sein. Was das Setzen von Hyperlinks angeht, so haben die Autoren von Webseiten ähnliche, aber nicht gleiche Bedürfnisse wie ihre Nutzer:

"Beide Seiten sind an einer gewissen Übersichtlichkeit interessiert, der

Benutzer möchte jedoch nicht aufgrund statischer Strukturen Eingabe-

Komfort einbüßen. [...] Gehen sie von einer hierarchischen Struktur aus.

Das bedeutet, jedes Dokument muß über die Hierarchie erreichbar sein

(mit wenigen Ausnahmen)."

Mit den "wenigen Ausnahmen" meint GALLENBACHER v.a. externe Links, d.h. Verweise auf Webseiten, die von anderen Personen oder Organisationen erstellt wurden.

3.2 Form und Inhalt

Was ist zu beachten, wenn Gedichte im WWW publiziert werden (unabhängig davon, ob sie schon vorher in Printform vorliegen oder nicht)? Dürfen poetische Texte im Web behandelt werden wie sogenannte "Gebrauchstexte" (z.B. Informationen zu Forschungsprogrammen, Kataloge mit Dienstleistungsangeboten), oder muß man ihnen eine bestimmte Form geben, die dem poetischen Anspruch gerecht wird? Was passiert mit Gedichten, die in einem (noch) neuen Umfeld – hier: einem digitalen Umfeld – erscheinen? Kann es sein, daß in einem anderen Medium ein Gedicht auch eine veränderte Wirkung hat? Zu der ewigen Frage nach den Wechselwirkungen zwischen Form und Inhalt meinte schon 1925 der Begründer der Krakauer Avantgarde, Tadeusz Peiper:

"Die Form wird vom Inhalt abgegrenzt [...]. Durch das Bild, das die

Beziehung zwischen Form und Inhalt illustrieren soll, das falsche Bild

vom Gefäß und der darin enthaltenen Flüssigkeit, wird der Begriff getrübt.

[...] "Derselbe" Inhalt in einer anderen Form ist nicht mehr derselbe.

[...] Oder: die Form sickert in den Inhalt ein und wird zum Inhalt. Auch

die Form ist Inhalt."

Zu der Problematik der gegenseitigen Durchdringung von Form und Inhalt kommt hinzu, daß das Medium WWW Möglichkeiten eröffnet, die weit über die Realisierungsmöglichkeiten hinausgehen, die die traditionellen Printmedien bieten. Diese neuen Techniken voll auszuschöpfen, nur weil es sie gibt, würde aber heißen, das Werk eines Dichters und damit eine bestimmte menschliche Ausdruckskraft in eine untergeordnete Stellung zu verweisen und die Technik des neuen Mediums überzubewerten. Es ist auf jeden Fall überlegenswert, welche WWW-spezifischen Funktionen einem Gedicht im allgemeinen und SIEBENSCHMERZEN im besonderen gerecht werden können. Das Thema Tradition ist nicht neu. Schon früher wurde die Notwendigkeit neuer Formen diskutiert. In den 50er Jahren notierte Brecht dazu: "Der Leerlauf in der Literatur der spätkapitalistischen Epoche zeigt sich

bekanntlich darin, daß ihre Dichter unablässig versuchen, dem alten

bürgerlichen Inhalt durch verzweifeltes Umformen neue Reize

abzugewinnen. [...] Das Leben, das sich allenthalben bei uns, wo die

Grundlagen der Gesellschaft umgewälzt werden, in neuen Formen

abspielt, kann durch eine Literatur in der alten Form nicht gestaltet oder

beeinflußt werden."

3.3 Schlußfolgerungen

Für das Projekt SIEBENSCHMERZEN ergeben sich aus den vorausgegangenen Ausführungen folgende Konsequenzen:

Beispiel: Man kann beim Navigieren einzelne Gedichte überspringen oder auch verschiedenen Versionen der Gedichte (in Form von Illustrationen oder Übersetzungen) direkt erreichen, ohne zuerst über das Original (hier: deutscher Text) gehen zu müssen. Beispiel: Wenn es möglich ist, verschiedene Versionen eines Gedichts nebeneinander anzuzeigen, so daß der Leser einen direkten Vergleich anstellen kann, so sollte diese Möglichkeit genutzt werden. Beispiel: Das Abspeichern, Ausdrucken und Bearbeiten/Verändern einer heruntergeladenen Webseite ist auf dem lokalen Rechner sowieso immer möglich. Im Fall SIEBENSCHMERZEN wird dem Leser die Wahl gegeben zwischen einem Gedicht in Reinform (also in derselben textuellen Form wie im Printmedium) einerseits und einer illustrierten Version andererseits. Dies ermöglicht erstens den Einsatz von Bild- oder Grafikmaterial (und damit zusätzlichen visuellen Mitteln), zweitens führt es zu Entscheidungsprozessen beim Leser, und drittens sind interessante Rückmeldungen zu erwarten, in denen das Für und Wider von Bildern u.ä. diskutiert wird. Beispiel: Auch das Projekt "Fall Tot Um" ist eine HTML-Bearbeitung von kurzen Gedichten Guldens. Es bietet sich nicht nur an, zwischen diesen beiden Veröffentlichungen im WWW Querverweise herzustellen, sondern es liegt auch auf der Hand, daß der Leser aus einer (fast) einheitlichen Präsentation der Gedichte beider Projekte großen Nutzen ziehen kann. Das bequeme und schnelle Navigieren wird durch die Vereinheitlichung verschiedener, inhaltlich ähnlicher Publikationen erleichtert. 4 Die Realisierung des Projekts SIEBENSCHMERZEN

4.1 Technische Voraussetzungen und Standards

Bei der weltweiten Kommunikation über das Internet spielt es technisch gesehen keine Rolle, wo sich die einzelnen Nutzer befinden, solange sie über die nötige Hardware verfügen (inklusive Telefonanschluß) und die Software, die die Kommunikation unterstützt. Allerdings existieren auf dem Gebiet der technischen Ausstattung große Unterschiede zwischen den Nutzern.

4.1.1 Hardware

Ältere Rechner sind durchaus "internetfähig" und sind auch noch in Gebrauch. Aufgrund ihrer niedrigen Rechenleistung aber arbeiten sie wesentlich langsamer als neuere Computer. So kann ein 386er IBM PC aus der Zeit der Wiedervereinigung zwar zu e-mail-Zwecken genutzt werden, braucht aber schon relativ lange, um eine bunte Webseite auf dem Bildschirm anzuzeigen. Im allgemeinen heißt es, daß ein Internetsurfer spätestens nach 10 Sekunden Warten die Geduld verliert.

Was die Verbindungsgeschwindigkeit angeht, so hängt diese von mehreren Faktoren ab. Maßgeblich am Erreichen einer akzeptablen Geschwindigkeit sind folgende Faktoren beteiligt:

Was den ersten Punkt betrifft, so ist die Qualität der Leitungen von Land zu Land unterschiedlich. Die schlechte Qualität des Telefonnetzes in Italien etwa führte in den späten 80er Jahren dazu, daß Offline-Medien, v.a. CD-Roms, sich größerer Nachfrage erfreuten als das dementsprechende Online-Angebot.

Die Qualität der Kommunikationsinfrastruktur hängt natürlich auch vom Finanzstatus des jeweiligen Landes ab. Bis vor einigen Jahren etwa war auf dem afrikanischen Kontinenti.a. nur das Versenden von e-mails möglich.

Was die Situation in Deutschland betrifft, so werden die hohen Verbindungskosten inzwischen als Grund für die Zurückhaltung weiter Teile der Bevölkerung bei der Internet-Nutzung gesehen. Die Amerikaner etwa verbringen mehr Zeit im WWW, was v.a. auf die niedrigeren Telefongebühren in den USA zurückgeführt wird. In Polen dagegen ist der Internetzugang kostenlos, bezahlen muß der Nutzer nur die anfallenden Telefongebühren.

4.1.2 Software

Die überwiegende Mehrheit der PC-Besitzer arbeitet mit einem IBM-kompatiblen Rechner, auf dem ein Betriebssystem der Firma Microsoft läuft (in den wohlhabenden Industrieländern Windows 95/98). Die restlichen 10-15% der Computernutzer haben ebensolche Rechner mit anderen Betriebssystemen (v.a. OS/2, Linux oder UNIX), oder sie benutzen einen Macintosh der Firma Apple. Alle oben erwähnten Systeme haben die allgemeine Internetfähigkeit gemein.

Für Internetanwendungen wird die entsprechende Anwendungssoftware gebraucht. Parallel zur Entwicklung im Hardwarebereich gab es auch auf diesem Gebiet wichtige Weiterentwicklungen. Allein in den letzten 2-3 Jahren sind Anwendungen entstanden, die auch dem Laien, d.h. einer wesentlich größeren Menge von potentiellen Konsumenten, das unkomplizierte Arbeiten im weltweiten Datennetz ermöglichen. Ausgefeilte e-mail-Programme erleichtern das Versenden größerer Dateien in verschiedensten Formaten (z.B. Grafiken, ganze wissenschaftliche Arbeiten, Tabellen etc.). Vor einigen Jahren noch konnte ein deutschsprachiger User die deutschen Sonderzeichen in e-mails nicht benutzen; heutzutage ist dies kein Problem mehr.

Das wichtigste Werkzeug für den, der sich im WWW bewegen will, ist der Browser (to browse

(engl.): blättern). Ein Browser ist ein Programm, das HTML-Seiten interpretieren kann. Erst der Browser ermöglicht das Lesen einer solchen Seite, das Verfolgen der Links und damit das sogenannte "Surfen" im WWW. Am weitesten verbreitet sind die Browser der Firmen Netscape und Microsoft. Da sie von ihren Herstellern regelmäßig verbessert und erweitert werden, sind inzwischen einige verschiedene Versionen im Umlauf. Nicht jeder Konsument macht sich die Mühe, sich im Halbjahresrhythmus die neueste Version seines bevorzugten Browsers auf CD-ROM zu beziehen oder kostenlos aus dem Netz herunterzuladen. Eine solche Aktualisierung ist aber an sich kein Problem.

Die Entwicklungen im Browserbereich verlaufen zwar nicht parallel zur Weiterentwicklung des HTML-Stamdards durch das WWW-Consortium in Genf, müssen aber in Zusammenhang mit letzterem gesehen werden. Der aktuelle Standard in der HTML-Programmierung ist HTML 4.0. Es sind, wie bei jeder Weiterentwicklung von HTML, zusätzliche Möglichkeiten in Form von tags, also HTML-Befehlen, hinzugekommen. Nun gibt es Erweiterungen zur HTML-Sprachen, die sich wachsender Beliebtheit erfreuen, aber nicht von jeder Version jedes Browsers (korrekt) interpretiert werden können. Es soll an dieser Stelle genügen, einige Beispiele anzufügen:

4.1.3 Konsequenzen für das Projekt SIEBENSCHMERZEN

Die Webseite SIEBENSCHMERZEN soll in zwei Versionen realisiert werden. Die erste Version wird eine sehr einfache sein, die von allen Nutzern eingesehen werden kann, die auf dem technischen Stand von ca. 1995 sind. Es wird abei insbesondere auf JavaScript-Befehle und Frames verzichtet. Diese Anwendungen sollen dann bei der zweiten Version, der sogenannten "Vollversion" zur Geltung kommen. Hier kann der interaktive Aspekt des Projekts berücksichtigt werden. Aus diesem Grunde (aber auch aus Stilgründen) wird die Startseite einfach gehalten (s. Abb.1). Es gibt auf der Startseite einen Verweis zur "schlanken Version" der Webseite; wer die anderen Links anklickt, kommt zu den einzelnen Seiten der "Vollversion".

Die Gedichte in SIEBENSCHMERZEN sind von gewollter Einfachheit, was die Sprache angeht: Gerade die Kürze der Sätze und ihre grammatische Kargheit läßt dadurch Raum für Assoziationen. Das Design der Webseite soll dieses Erzeugen von sprachlicher Reinheit und gedanklichem Freiraum unterstützen. Die Startseite enthält, wie ein Standard-Textdokument, schwarzen Text auf weißem Hintergrund. Fast jede Zeile ist ein Link, es gibt also sehr wenig erklärenden Text. Ferner enthält die Startseite keine Illustration. Durch Vermeiden von Text, der keine Linkfunktion hat, und durch den gleichzeitigen Verzicht auf Farbe und Bilder wird die Konzentration auf das Wesentliche ausgedrückt.

Auch auf den Seiten mit den einzelnen Gedichten wird jede unnötige Ablenkung vom Inhalt verhindert. Außer dem jeweiligen Gedicht befinden sich auf der Seite nur die Verweise zu den anderen Seiten. Der Hintergrund der Übersetzungen ist derselbe wie bei den Gedichten von "Fall Tot Um". Er wurde von Andreas Hau übernommen. Für die deutschen Gedichte wurde ein anderer Hintergrund gewählt: Er zeigt dunkle, kahle Bäume und scheint zu dieser Thematik gut zu passen. Daß es bei den Gedichten einen texturierten Hintergrund gibt, ist kein Verstoß gegn die erwünschte Reinheit oder Kargheit der Präsentation. Der Hintergrund lenkt nicht ab, macht aber das längere Verweilen bzw. Lesen angenehmer als ein reiner, weißer Hintergrund. Es ist schließlich anzunehmen, daß bei manchen Gedichten länger verweilt wird als auf der Startseite.
 

Abb. 1: Ein einzelnes Gedicht, ohne Illustration 4.2 Struktur der Seite

Der Aufbau der Webseite wird auf der Startseite schon in begrenztem Maße deutlich gemacht. Dem Leser ist (hoffentlich) gleich klar, daß die Verweise auf der linken Seite zu einer Darstellung aller Gedichte auf einer Seite führt, und zwar wahlweise in fünf verschiedenen Sprachen . Es wäre interessant und wünschenswert, das Sprachenangebot zu erweitern. Aufgrund des Krieges auf dem Balkan würden sich z.B. die Sprachen Serbisch, Kroatisch und Bosnisch anbieten: In der Tito-Zeit wurden diese drei Sprachen unter dem Kunstbegriff "Serbokroatisch" zusammengefaßt. Heutzutage versuchen die betroffenen Völker, sich u.a. auch sprachlich voneinander abzugrenzen. Eine Nebeneinanderstellung der verschiedenen Übersetzungen würde aber eher die Gemeinsamkeiten dieser drei Sprachen aufzeigen.

Auf der rechten Seite kommt der Leser zu einzelnen Gedichten in deutscher Sprache. Aus dem Zusatz, der zwischen der Überschrift "Einzelne Gedichte" und den römischen Ziffern steht, wird ersichtlich, daß es von jedem einzelnen Gedicht Verweise gibt zu Bildern, Übersetzungen etc.

Abb.2: Struktur der Webseite (grob) Diese Einteilung in linke Seite (=allgemeiner Verweis zu den Gedichten) und rechte Seite (=Verweise zu Einzelgedichten mit zusätzlichen Eigenschaften) soll das intuitive Erfassen des Seitenaufbaus durch den Leser erleichtern. Eine dritte Auflistung von Verweisen befindet sich deshalb unter den beiden Spalten. Damit sichtbar wird, daß es sich hier um eine dritte Gruppe von Angeboten an den Leser handelt, werden die Links zeintriert dargestellt. Hier finden sich die besonderen und die externen Verweise, also der Hinweis auf die "abgespeckter Version" der Webseite sowie Links zu biographischen und bibliographischen Angaben und der externe Link auf das "Fall Tot UM"-Projekt.

Von jedem Gedicht im Original kann man zum vorherigen oder auch zum nächsten Gedicht gelangen; für die jeweilige übersetzung öffnet sich immer ien Frame-Fenster. Dasselbe gilt für Illustrationen. Diese werden auch in einem Framefenster gezeigt. Es wäre wünschensewet gewesen, alle Überstzungen ienes Gedichts nebeneinander zu zeigen. Dafür sind Frames allerdings weniger geeignet, da das Herunterladen von 5-6 Frames gleichzeitig zuviel Übertragungszeit kostet. Bei der späteren Weiterbearbeitung dieses Webseiten-"Prototyps" soll das parallele Anschauen aller Übersetzungen durch eine Tabelle ermöglicht werden.

4.3 Technische Schwierigkeiten

Bei der Realisierung eines WWW-Projekts könnenu.U. Schwierigkeiten auftreten, mit denen der (unerfahrene) Ersteller der Webseite nicht gerechnet hatte. Ein Webseite wird schließlich offline erstellt. Erst wenn sie fertiggestellt ist, wird sie sozusagen "ins Netz gestellt", d.h. sie bekommt eine URL, also eine Internet-Adresse, unter der sie jederzeit aufrufbar ist, liegt auf einem Server auf, und ist allgemein zugänglich über das world wide web. Dies bedeutet erstens, daß oft erst nach der (probeweisen) Publikation der Webseite Fehler sichtbar werden, due aufgrund der Übertragung der Daten im Netz entstanden sind, und zweitens, daß manche Fehler erst durch die Unterschiede in der Hard- und Softwareausstattung seitens der Nutzer sichtbar werden.

Zum Beispiel steht nicht jedem Internetsurfer der gleiche Monitor zur Verfügung. Je nach Herstellungsjahr und Qualität hat ein Bildschirm verschiedene Auflösungen (die man in begrenztem Maße variieren kann) und beeinflußt dadurch die Art und Weise, wie z.B. eine Grafik oder ein Foto gesehen wird. Außerdem variieren die Monitorgrößen zur Zeut zwischen 14 und 21 Zoll. Die unterschiedlichen Bildschirmgrößen können sich negativ auf die Strukturierung von Text auswirken (ein kleiner Bildschirm kann lange Textzeilen sozusagen "zusammenschieben", ein Effekt, der gerade bei Gedichten unerwünscht ist) und überraschende grafische Veränderungen hervorrufen (ein Hintergrundbild kann auf einem größeren Monitor durch unbeabsichtigte Aneinanderreihung zur "Tapete" werden).

Aus diesen Gründen ist es wichtig, die Größen der einzelnen Frames und Bilder innerhalb der HTML-Tags festzulegen. Dadurch sieht jeder Nutzer dasselbe, gleichgültig über welche Ausstattung er verfügt.

Wer offline arbeitet und sich das fertige Produkt ansieht, wird in der Regel beim Anklicken von Links sofort die nächste Seite sehen. Dabei wird oft vergessen, daß dieses sogenannte "Browsen" anders funktioniert, wenn es online stattfindet: Jede angeklickte Seite wird vom Server heruntergeladen, d.h. sie wird über das Datennetz transportiert, bis sie den eigenen Rechner erreicht. Auf die Übertragungsgeschwindigkeit hat der Ersteller der Webseite nur insofern Einfluß, als er die Größe der Dateien einschränken kann. Dies ist insbesondere bei Bilddateien möglich.Gerade beim Erstellen von Bildern und Animationen muß darauf geachtet werden, daß diese nicht zu umfangreich werden.Je kleiner das Datenpaket, das auf der sogenanten "Datenautobahn" unterwegs ist, desto schneller erreicht es seinen Empfänger.

Zur Zeit der Erstellung dieser Arbeit sind die Gedichte in fünf verschiedenen Sprachen realisiert. Jede Sprache außer der italienischen weist dabei einen eigenen Satz von Sonderzeichen auf. Eine typografische Herausforderung stellt dabei die polnische Übersetzung von SIEBENSCHMERZEN dar: Zumindest unter dem Betriebssystem "Windows 98" lassen sich die polnischen Sonderzeichen, gleichgültig welche Textverarbeitung benutzt wird, nur in Kleinschrift darstellen, was darauf zurückzuführen ist, daß diese i.a. in der polnischen Sprache nie am Wortanfang stehen. Die Gedichte Guldens sind aber in Großschrift realisiert. Da dies für die polnische Version nicht einzuhalten ist, ergeben sich zwei Alternativen. Die erste wäre, alles ganz in Kleinschrift zu schreiben. Dies bedeutet aber, daß eine elementare Rechtschreibregel verletzt wird, die besagt, daß das Wort am Satzanfang immer großgeschrieben wird.

BEISPIEL:

I.
 

ból: jego widzê.

przede mn±- twarz kobiety.

na zdjêciu. mêżczyzna.

leży. na ulicy.

ramiona. szeroko. oczy.

sztywny. nieżywy. jej syn. mówi

pod zdjêciem tekst.

Der Leser (nicht nur der deutsche, diese Regel gilt für die meisten Schriftsprachen) ist es einfach gewohnt, daß es nach einem Punkt groß weitergeht. Das obige Beispiel verletzt damit auch Sehgewohnheiten. Besser ist es, die Arbeitsweise der polnischen Übersetzung Karolina Rakoczy zu übernehmen. Die Übersetzerin schreibt die Wörter am Satzanfang und am Zeilenanfang groß, den Rest – in Übereinstimmung mit der polnischen Rechtschreibung – klein. Dies hat den Vorteil, daß die Typografie keine Sehgewohnheiten verletzt und somit nicht vom Inhalt des Gedichts ablenkt. BEISPIEL:

II.

Ból: jego s³yszê.

Każdej nocy. Obok siebie. Kiedy

Ona ¶ni: oni przychodz±.

Znowu. Bior± j±. Ze sob±.

Mêżczyżni. W maskach. Tylko

Oczy. Spojrzenia. I czyni± to. Jej

Cia³o. Które mówi

Odt±d do niej nie należy.

4.4 Auswahl der Bilder

Bei der anfänglichen Bearbeitung des Projekts wurde mit verschiedenen Fotos gearbeitet, die Gulden in Bayern aufgenommen hatte. Darunter waren nicht nur die Bilder der von sieben Schwertern durchbohrten Maria, sondern auch Landschaftsaufnahmen. Mit einem guten Bildbearbeitungsprogramm lassen sich diese "Schnappschüsse" im Format 10*13 cm in jeder erdenklichen Weise verändern (z.B. kann aus der idyllischen Schneelandschaft ein bedrohlich wirkendes, dunkles Bild werden) Die ursprüngliche Absicht beim Erstellen der Webseite war es, zu jedem der zehn Gedichte ein anderes Bild, d.h. je ein Bild mit anderem Motiv, zu stellen. Es war auch zu beobachten, daß in manchen Fällen das Motiv eines Bildes zum Motiv eines der Gedichte paßte (z.B. paßte der Spaziergang einiger Menschen durch eine Allee zu Gedicht V, in dem Schritte und der Vorgang des Gehens im Vordergrund stehen). Dabei handelte es sich aber eher um zufälliges Zusammenpassen; es wäre ansonsten später schwierig geworden, die einzelnen Zusammenstellungen zu begründen (d.h. warum steht das Bild von der Schneelandschaft neben Gedicht III und nicht neben einem anderen Gedicht?). DieAuswahl der Fotos und das Zusammenstellen derselben mit den Gedichten wäre eher eine wilkürliche Angelegenheit geworden. Aus diesem Grunde und auch um der höheren Konsistenz willlen wurden nur zwei Fotos von Gulden verwendet. Diese aber werden in zehn verschiedenen Realisierungen gezeigt.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Wer eine Webseite erstellen will, muß Entscheidungen treffen können. Die ersten Fragen, die bei der Vorbereitung auftauchen, sind: Wieviel vom vorhandenen Material soll überhaupt verwendet werden? Welche Interessenten gibt es? An welchen Vorbildern sollen sich Zusammensetzung, Stil oder grafische Aufbereitung orientieren?

Grundsätzlich ist es nicht falsch, die Erfahrungen anderer zu nutzen. Viele Autoren, die sich mit dem Thema Webdesign befassen, sind Profis mit jahrelanger Erfahrung, die v.a. vor den typischen Anfängerfehlern warnen können. Dabei ist zu beobachten, daß Bücher zum Thema in erster Linie technische Erklärungen und Hilfen anbieten, während Artikel in aktuellen Zeitschriften oft Hinweise auf den "richtigen" Stil geben. Was letzteren angeht, so hat sich in letzter Zeit der Trend zu bescheidenerem Design herausgebildet.

Man kann der unbeabsichtigten Reizüberflutung aus dem Weg gehen, indem man wenig Farben, wenig Grafik oder auch weniger Bewegung/Animation in einer Seite unterbringt. Es kann einer Webseite auch guttun, wenn sie in zwei Frames aufgeteilt ist und nicht in fünf. Zuviel Angebot, zuviel Unterteilung oder Strukturierung können zu Orientierungslosigkeit seitens des Nutzers führen. Es ist z.Z. interessant zu beobachten, daß der Stil einer Webseite oft an die (angenommene) Erwartungshaltung ihrer Leser angepaßt ist: So ist die Online-Version der Süddeutschen Zeitung in zurückhaltendem Design gehalten, während die Online-Version des "Kicker" fast schon überfrachtet wirkt mit Unterteilungen in Frames, aber auch mit Werbebannern. Je seriöser die Verantwortlichen wirken wollen, desto schlichter das Design ihres WWW-Angebots.
 

Daß das WWW so populär geworden ist, hat zu einer Kommerzialisierung geführt, deren Ende nicht absehbar ist. In den USA, die im Bereich Internet immer Vorreiterrolle gespielt haben, ist der Electronic Commerce, das Abschließen von Geschäften über das Internet, schon in vollem Gange, und der Nutzer hat sich an die vielen Werbebanner schon gewöhnt, die sich insbesondere, aber nicht ausschließlich, auf kommerziellen Sites befinden. Was die Gestaltung solcher Sites betrifft, so hat GOLDMANN folgenden Trend ausgemacht:

"Alle Sites, die wirklich erfolgreich sind, haben dem Grafik-Overkill

entsagt. Yahoo, C.Net, Altavista, Kostenlos.de. [...] Das Geld bestimmt

[...]. Nur schlichte Seiten flitzen schnell genug zu den Usern – selbst

wenn sich Hunderte gleichzeitig auf der Site herumtreiben. Nur dann

gibt es genügend Hits auf der Site, um Anzeigenkunden zu locken."
 
 

Nun handelt es sich bei dem Projekt SIEBENSCHMERZEN nicht um ein kommerzielles Unterfangen, d.h. es müssen keine kommerziellen Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Dies verbietet es aber nicht, die Erwartungshaltung des Lesers an einen gewissen Design-Standard zu antizipieren. Gerade in der Poesie wird natürlich gerne mit der Erwartungshaltung gespielt. Da aber die Poesie von Gulden in diesem Fall um ihrer selbst willen ins Netz gestellt wurde, soll sie in erster Linie aus sich selbst heraus wirken. Die behutsame Um- bzw.Übersetzung dieser Texte in den sogenannten "multimedialen" Bereich soll diesem Zweck dienen.
  Literaturverzeichnis

KUHLEN, Dr. Rainer: Hypertext. In : Buder, Rehfeld, Seeger: Grundlagen der Information und Dokumentation, 1995

KUHLEN, Dr. Rainer: Informationsmarkt. Chancen und Risiken der Kommerzialisierung von Wissen. Konstanz: Universitätsverlag, 1995

WILSON, Stephen: WWW Design Guide, Verlag Markt und Technik, 1995

MUENZ, Stefan: SelfHTML, in:

http://www.netzwelt.com/selfhtml/tcia.htm

HONEYCUTT, Jerry: Using the Internet, Fouth Edition, QUE Verlag 1998

GALLENBACHER, Jens: WWW-Publishing, tewi Verlag 1996

PEIPER, Tadeusz: Poesie als Bauwerk, 1925, S. 102-103,

in: Der Mensch in den Dingen. Programmtexte und Gedichte der Krakauer Avantgarde, Reclam Leipzig 1986

BRECHT, Bertold: Über Lyrik, edition suhrkamp, 1968

KLEIN-MAGAR, Elektronisches Publizieren, Magisterarbeit für die Informationswissenschaft

DER SPIEGEL 20/99

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