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Die Leidinger Hochzeit

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Elis Gérard

TISCHKARTE:
Der Mann glaubt zu wissen,
aber die Frau weiß es besser.
(chin. Sprichwort)
<Alfred Gulden: Materialienbuch. Vorarbeiten zum Roman "Leidinger Hochzeit" S. 239 - 245; D2B>

Die Frau des Paten des Bräutigams ... gleichzeitig Patin des Bräutigams .... <HS: ehemals> Freundin der Frau des Lehrers .... ELISABETH .... manchmal sagt der Fotograf, ihr Mann, zu ihr: ELIS, manchmal ELISA, manchmal auch Bethi, manchmal sogar ELISABETH ... welchen Teil ihres Namens er benutzt, sie zu nennen, daran kann sie oft erkennen, aus welcher Laune, in welcher Stimmung er das sagt, worum es geht, was er will ... ELISA, das ist feierlich, meint großen Augenblick. so wie Hochzeitstag, die Wiederholung des, "große Oper", schwingt auch Zärtlichkeit mit. nicht große Oper, aber Symphonie, ja das, weich klingt das und doch volltönend, mit sonorer Stimme gesagt, gesummt, das S stimmhaft, ist die Betonung auf der zweiten Silbe, das hat sie gern, denn dann weiß sie: besonderer, vor allem guter, Augenblick. ELIS: wie sie das haßt, plump., Befehlston, Betonung scharf auf der ersten, laut raus, schlecht gelaunt, falsch aufgestanden, mach schon, soll, hol, nicht so lange, wieso schon wieder, was denn, immer etwas Drohung dahinter, spitz gefragt, Angst dabei auf sie zu ... während BETHI, BETHI, das sind Lachgrübchen, neckisch, nicht selten mit einem Klaps auf den Hintern, Zwicken ganz leicht, auch wiederholt BETHI BETI. Das Hinterteil des Wortes, wie er sagt, Worthintern, BETHI, BETH eigentlich, vier Buchstaben wären das dann, korrekt .... aber das I, das i setze dem ein Schlußlicht, ein Licht auf, turtele, Klaps auf den Hintern, ach BETHI, Verkleinerungsform, obwohl, BETHCHEN hat er nie zu ihr gesagt, er haßt Verkleinerungen, diese -chen's, ­le's, -rl's, -lein's, -leinchen's, sind ihm zuwider, sie schnitten einem Wort die Beine ab, amputierten es, Stummel, ließen ihm keine Würde, rein in die Schachtel, die Schnupftabakdose zu, im Geldbeutel zwischen den Pfennigen ... i, das ginge gerade so noch, und ELISABETH, wenn er ELISABETH sagte, sagt, ausgesprochen, nichts verschluckt, scharf artikuliert, bestimmte Lautstärke, Spannung darin, dann meinte er es Geschäftliches, Papiere, ernst, Geld, Unterschrift leisten' Amtliches,­­gefährlich, wenn sich Anlaß und Ausdruck, Absicht und Namen nicht deckten, Vermischungen vorkamen: BETHI, wo, wem, wann, wieviel ... ungewiß, wie er es meinte, Fehler von ihm, von ihr, da kam etwas zusammen, was so nicht zusammengehörte, abgestimmt war .... ELIS / ELISA / BETHI / ELISABETH ... <HS: 4 Personen, doch eine nur, Teile von ihr, Zustände, Vorstellungen, Formen,> eingespielt über die Jahre, eingehört, zu genau fast schon zu genau, kaum Überraschungen mehr Neues ....
<MS - gestrichen: 49 Jahre ist sie alt ... sieben mal sieben ... heilige Zahl mal heiliger Zahl, genauer, gleiche heilige Zahl mal gleicher heiliger Zahl>

mal eine Schönheit gewesen ... denkt er ... ist sie noch: die dunklen Haare, färben läßt sie sich die seit einiger Zeit, ihre großen braunen Augen ... hat das Kind große braune Augen .... so große braune Augen ... oft, wenn er sie angeschaut hatte, hatte er gesagt: kein Grund, keinen Grund mehr, ... sie war nicht groß, gut für ihn, reichte ihm etwas über die Schulter, beim Tanzen genau die richtige Größe, an ihn gelehnt, beim Liegen die richtige Lage, in die Schultermulde gelegt, von wegen die Sanftmut in ihren Augen: Jähzorn wenn der zum Ausbruch kam, da flogen nicht nur Worte, zusammengeschlagen der Stuhl, die Gläser in Splitter, sie schrie, außer sich sein vor Wut, das konnte sie ...

früher war sie dünn, hatte Taille, die Kleider saßen, hoben die weibliche Figur hervor ... heute trägt sie Hänger, die verhüllen, daß sie "auseinandergegangen ist" in den letzten Jahren .... die Operation, Amputation der Brust, eine Brust abgenommen, weggemacht, ihre vollen Brüste ....seine Schwierigkeit nach der Operation, ihre Schwierigkeit mit seiner Schwierigkeit ... die erste Zeit danach ihre Selbstmordgedanken, nur noch eine halbe Frau ... daß er sich kaum getraut hatte sie anzufassen ... dabei hat sie es nie nötiger gehabt als damals - die Zeit nach der Operation: angefaßt zu werden, gestreichelt, nur die Berührung schon, seine trockene Hand, wie oft früher am Tag nach ihr gegriffen, sie berührt, und dann, fast Abscheu, als sei sie das nicht mehr, die da aus dem Krankenhaus gekommen war ohne Brust, mit nur noch einer Brust, auf der anderen Stelle die Narbe, seine Angst vor Krankenhäusern, nicht vor dem Tod, vor dem Dabinsiechen, dem langsamen Tod, das Sterben ... weiß war er immer an ihr Bett gekommen, zitternd, und will im Krieg gewesen sein, gesehen haben, wie Halbverkohlte aus Panzertürmen hingen, Brennende umherliefen, schrien, Stummel, ... Trauer, traurig das richtige Wort für ihr Gefühl nachher ... das sexuelle Leben, vorher keine Schwierigkeiten, nie, im Gegenteil, sie hatte andere Frauen, die sich darüber beklagt hatten, nie verstehen können, jetzt war sie selbst soweit ... er wollte nicht mehr, fadenscheinige Gründe oft, leicht zu durchschauen, hatte aber auch keine andere, weswegen ... ... ihre Eifersucht dann auf die Tochter, die all das war, all das hatte, was sie einmal gewesen. einmal gehabt hatte .... und wie er die Tochter in die Himmel hob .... als sie einmal in das Badezimmer kam und er auf dem Wannenrand saß, die Tochter nackt in der Wanne und die beiden miteinander lachten, sich erzählten, ungeniert ...

Kleinigkeiten, gut, aber wann hatte er das mit ihr gemacht in den letzten Jahren .... früher hatte er für sie die Kleider ausgesucht, wenn sie weggingen, sie "angezogen", komponiert ... heute war ihm das gleich .... aber mit der Tochter geht er sogar Kleider kaufen, mit ins Geschäft .... wie ein Liebhaber, nicht der Vater, geht sogar mit der Tochter tanzen, er, der nicht nur ihr Vater sein könnte, sondern ist .... die jungen Männer, ein Kapitel für sich .... nach den ersten, (die) die Tochter nach Hause brachte, hatte keiner mehr den Mut .... er traue denen nicht, verglich wohl mit sich selbst früher, wußte dann, woran er war, aber seiner Tochter sowas ... das ging nicht: keine Gnade in seinen Augen ... Angeber, Dummköpfe, hohl, Flegel, nichts dahinter, Klugschwätzer, Jüngelchen, zu alt.,, immer etwas zu nörgeln, den jungen Mann der Tochter abspenstig zu machen, wie kleinlich ist er in solchen Augenblicken, wie spießig ... diese Eifersucht so <HS: zu> deutlich... und der Tochter scheint das nichts auszumachen ... wie sie den Vater anhimmelt: ein und alles .... den anderen um ihnen fällt es schon auf: ach, die Tochter, aber wie er mit ihr umgeht! .... kaum zu glauben, eher alternder Liebhaber mit blutjunger Freundin ....

Die Frau des Fotografen: Patin des Bräutigams, weil sie damals Freundin der Frau des Lehrers war .... Pate und Patin .... sie trinkt gern. Weine, wenn sie gut sind, nicht in Lokalen, die taugen meist nichts, aber sonst schon ... auch einen guten Schnaps .... auch ein frisches Pils .... er sieht das nicht gern, wenn sie zuviel getrunken hat: so laut, zu laut sei sie dann, zu burschikos, klopfe ihm auf die Schulter, schlage ihm auf die Schenkel, ungeführte Bewegungen, plötzlich unerwartet, erzähle dann auch, was sie sonst nicht erzähle, nähme den Mund voll, kurz, alles ihm Unangenehme .... dann verzieht er den Mund, geht in sich, redet nicht mehr, will weg, kann sie nicht ausstehn, Sie: er gönne ihr nicht, wolle sie nicht aus sich heraus gehen lassen .... sie liest nicht viel, schaut lieber fern ... darüber kann sie reden ... nicht in gestelzten Phrasen, sondern in ihrer eigenen Ausdrucksweise, oft für ihn verblüffend ... mit ihrem Wortschatz .... er mag das, mag nicht, wenn sie Aufgeschnapptes, Fremdes als eigene Meinung ausgibt, ausdrückt .... sie fallt ihm oft ins Wort, schneidet seine Satze ab, hackt in sein Gespräch, aber da hat er seine Erfahrung, weiß er Mittel .... wenn auch die anderen oftmals entsetzt schauen, wenn er sie anherrscht, wirsch zurechtweist, aber sie versteht das, macht ihr nichts aus, macht sie sich nichts draus, weiß es zu nehmen, weist ihn auch zurecht, fühlt sich nicht gedemütigt, sie spielen das offen aus ....

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