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Der Bräutigam, 30 Jahre
Zu lange ist er weggewesen. Zuerst
im 'Internat'.`Dann auf der Universität. Er war zwar nicht
lange eingeschrieben , hat bald bei einer Zeitung angefangen,
das hat ihn mehr interessiert als die trockene, so sagt er, Wissenschaft.
Aber er war doch in der Großstadt, weit weg von seinem Heimatort.
Dort ist er auch auf das gekommen, was er jetzt macht und lebt:
zurück dahin, wo man hergekommen ist, Wurzeln haben, oder
wie es jetzt heißt: Regionalismus,Leben bringen in die Provinz;
Das ist ihm Anfangs nicht leicht gefallen. Zu sehr war er gewöhnt
an die Großstadt, zu sehr hat er deren Lebensstil angenommen
gehabt. Aber auf der anderen Seite: die Wiederentdeckung all dessen,
was früher für ihn natürlich, selbstverständlich
gewesen war, unbewußt, einfach da, notwendigerweise so,
das hat ihn oft gefreut. Er hat es anders ge und bewertet.
Mehr damit anfangen können. Jetzt schreibt er für den
Lokalteil einer Regionalzeitung <HS: siehe Saarbrücker
Zeitung, Lokalteil SLS>.
Das hätte er sich auch
nicht denken lassen und oft ist es ihm auch gesagt, ja vorgeworfen
worden: wie einer von da <HS: wieder> zurückkommen
könne. Wo jeder wegwolle!
Und vor allem Jeanne, die
er heute heiraten wird, Jeanne, die das (teilweise) nicht begreifen
konnte, <HS: kann> Sie, die <HS: immer> weg wollte.
Dabei, wäre er dort geblieben, sie hätten sich nie kennengelernt!
Das sieht sie ein, aber sie will mit ihm weg, dorthin, wo er jahrelang
war, das kennenzulernen. Er versteht sie, will es nicht verstehen.
Versucht ihr, klarzumachen, was sie hier hat. Aber da kontert
sie nur zynisch. Und das sieht er ein. So hat er ihr versprechen
müssen, wenigstens für eine Zeit wieder in die Großstadt
zu ziehen, damit sie das auch kennenlernt. Weiß was es heißt,
weg zu sein, heimzukommen. Was für ihn immer so war: Internat,
Universität, die Arbeit in der Großstadt. Jetzt in
der kleinen Redaktion der Regionalzeitung. Jeder war anfänglich
verwundert, hatte er doch da, wo er angefangen hatte, schon einen
Namen, gewissermaßen und nicht nur so dahingesagt.
Erich hat eine Artikelserie gemacht:
Geschichte an Geschichten klarzumachen. Die Geschichte
der kleinen Leute Die sog. Eselsohren in den Geschichtsbüchern
.... Das, was immer übergangen wird.... siehe das kleine
Heimatmuseum ... Da hat einer alles zusammengetragen, was
damals so da war... Geschichtsbewußtsein... oder die Ausstellung
der Zusammenhänge eines kleinen Friedhofs Spurensicherung.
Das ist es, was Erich will, keine sentimentale Feierabendvergoldung,
sondern Bewußtsein von dem, was einmal war, ungeschminkt,
Vor und Rückansicht ... Das mag nicht jeder. Viele
Anfeindungen. Anonyme Anrufe. Reifenzerstechen ... Anpöbelungen!
... Erich im Streit mit seinem Vater Der möchte Heimat nur sentimental sehen, Vergangenheit verklärt: Das brauchten die Leute ... Das müsse man schminken ... Vieles vergessen ... Nur das Gute bewahren. Auslöschen, was nicht gut gewesen sei ... Vergangenheitsbewältigung - wie Schlagerliedersingen .... Und da hat Erich (viele) Schwierigkeiten. Harmonisierungen liegen ihm nicht. So nicht, obwohl er manches einsieht, was sein Vater sagt: "Die Wahrheit sei nicht immer revolutionär" ... und so ... <Quelle = Alfred Gulden: Materialienbuch. Vorarbeiten zum Roman "Leidinger Hochzeit" S. 269>
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