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Die Leidinger Hochzeit

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Erich Hautz

TISCHKARTE:
Erst im Auslande lernt man
die Reize des Heimatdialekts genießen.
Erst in der Fremde erkennt man,
was das Vaterland ist.
(Gustav Freytag)

Der Bräutigam, 30 Jahre

Zu lange ist er weggewesen. Zuerst im 'Internat'.`Dann auf der Universität. Er war zwar nicht lange eingeschrieben , hat bald bei einer Zeitung angefangen, das hat ihn mehr interessiert als die trockene, so sagt er, Wissenschaft. Aber er war doch in der Großstadt, weit weg von seinem Heimatort. Dort ist er auch auf das gekommen, was er jetzt macht und lebt: zurück dahin, wo man hergekommen ist, Wurzeln haben, oder wie es jetzt heißt: Regionalismus,Leben bringen in die Provinz; Das ist ihm Anfangs nicht leicht gefallen. Zu sehr war er gewöhnt an die Großstadt, zu sehr hat er deren Lebensstil angenommen gehabt. Aber auf der anderen Seite: die Wiederentdeckung all dessen, was früher für ihn natürlich, selbstverständlich gewesen war, unbewußt, einfach da, notwendigerweise so, das hat ihn oft gefreut. Er hat es anders ge­ und bewertet. Mehr damit anfangen können. Jetzt schreibt er für den Lokalteil einer Regionalzeitung <HS: siehe Saarbrücker Zeitung, Lokalteil SLS>.

Das hätte er sich auch nicht denken lassen und oft ist es ihm auch gesagt, ja vorgeworfen worden: wie einer von da <HS: wieder> zurückkommen könne. Wo jeder wegwolle!

Und vor allem Jeanne, die er heute heiraten wird, Jeanne, die das (teilweise) nicht begreifen konnte, <HS: kann> Sie, die <HS: immer> weg wollte. Dabei, wäre er dort geblieben, sie hätten sich nie kennengelernt! Das sieht sie ein, aber sie will mit ihm weg, dorthin, wo er jahrelang war, das kennenzulernen. Er versteht sie, will es nicht verstehen. Versucht ihr, klarzumachen, was sie hier hat. Aber da kontert sie nur zynisch. Und das sieht er ein. So hat er ihr versprechen müssen, wenigstens für eine Zeit wieder in die Großstadt zu ziehen, damit sie das auch kennenlernt. Weiß was es heißt, weg zu sein, heimzukommen. Was für ihn immer so war: Internat, Universität, die Arbeit in der Großstadt. Jetzt in der kleinen Redaktion der Regionalzeitung. Jeder war anfänglich verwundert, hatte er doch da, wo er angefangen hatte, schon einen Namen, gewissermaßen und nicht nur so dahingesagt.

Erich hat eine Artikelserie gemacht: Geschichte an Geschichten klarzumachen. Die Geschichte der kleinen Leute Die sog. Eselsohren in den Geschichtsbüchern .... Das, was immer übergangen wird.... siehe das kleine Heimatmuseum ... Da hat einer alles zusammengetragen, was damals so da war... Geschichtsbewußtsein... oder die Ausstellung der Zusammenhänge eines kleinen Friedhofs ­ Spurensicherung. Das ist es, was Erich will, keine sentimentale Feierabendvergoldung, sondern Bewußtsein von dem, was einmal war, ungeschminkt, Vor­ und Rückansicht ... Das mag nicht jeder. Viele Anfeindungen. Anonyme Anrufe. Reifenzerstechen ... Anpöbelungen! ...

Erich im Streit mit seinem Vater

Der möchte Heimat nur sentimental sehen, Vergangenheit verklärt: Das brauchten die Leute ... Das müsse man schminken ... Vieles vergessen ... Nur das Gute bewahren. Auslöschen, was nicht gut gewesen sei ... Vergangenheitsbewältigung - wie Schlagerliedersingen .... Und da hat Erich (viele) Schwierigkeiten. Harmonisierungen liegen ihm nicht. So nicht, obwohl er manches einsieht, was sein Vater sagt: "Die Wahrheit sei nicht immer revolutionär" ... und so ...

<Quelle = Alfred Gulden: Materialienbuch. Vorarbeiten zum Roman "Leidinger Hochzeit" S. 269>

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